Fachkonferenz: TextileMission - Lösungsansätze aus drei Jahren Forschung
Was sind Ausmaß und Ursachen von Mikroplastikemission bei Textilien? Welche Erkenntnisse gibt es aus der Textilforschung und der Wasserchemie? Und vor allem: Welche Lösungsansätze zur Reduktion des Mikroplastikeintrags in die Umwelt sind vielversprechend? Diese und weitere Fragen standen am 17. März 2021 im Zentrum der Online-Abschlusskonferenz des Mission-Projektes. Mehr als 150 Teilnehmer verfolgten die Veranstaltung. Hier eine Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse.
Dr. Jens Meyer von der Hochschule Niederrhein stellte beispielsweise Ergebnisse umfangreicher Wasch- und Trocknungstests mit polyesterbasierter Sport- und Outdoorbekleidung vor, welche die typische Haushaltswäsche in Deutschland simulierten und interessante Erkenntnisse zu Ursachen und Ausmaß von Mikroplastikemission lieferten. Demnach werden während der ersten Wäsche besonders viele Partikel freigesetzt, wobei es sich größtenteils um Faserrückstände aus der Produktion handelt. Noch deutlich mehr Mikroplastik als in der heimischen Waschmaschine fällt jedoch in den Produktionsstätten an – u.a. während der mechanischen und chemischen Ausrüstungsprozesse. Aus den Waschversuchen ließen sich zudem praktische Hinweise ableiten, die jeder jetzt schon befolgen kann: Der Mikroplastikaustrag sinkt beispielsweise, wenn Verbraucher ihre Waschmaschine möglichst voll beladen.
Rückhalt in Kläranlagen
Was passiert mit den textilen Mikropartikeln, wenn Sie einmal ins Abwasser gelangt sind? Hierzu stellte Prof. Dr. Stefan Stolte vom Institut für Wasserchemie der TU Dresden Forschungsergebnisse vor, denen zufolge je nach Partikelgröße zwischen 85 und 99 Prozent in hiesigen Kläranlagen zurückgehalten werden. Trotz dieser hohen Quote gelangen Schätzungen der Forscher zufolge pro Jahr und einhunderttausend Einwohnern zwischen 2,5 und 59kg textiles Mikroplastik über Kläranlagen in die Umwelt. Eine weitere Behandlung des Abwassers bspw. durch Sandfilter oder Umkehrosmose könnte die Effizienz von Kläranlagen weiter erhöhen.
Textiltechnische Verfahren
Ein weiterer Schwerpunkt des Projektes lag auf der Erprobung textiltechnischer Verfahren zur Produktion emissionsärmerer Textilien. Erfolgversprechende Ansätze auf unterschiedlichen Herstellungsstufen, die u.a. in enger Zusammenarbeit mit VAUDE entstanden, stellte Prof. Ellen Bendt von der Hochschule Niederrhein den Konferenzteilnehmern vor. So hat die Änderung bestimmter Maschinen- und Garnparameter im Strickprozess positive Auswirkungen auf den Mikroplastikausstoß, wobei sich allerdings bislang auch noch die Performance-Eigenschaften ändern. An der richtigen Balance für verschiedene Einsatzzwecke muss noch geforscht werden. Beim späteren Zuschnitt der Flächenkonstruktion wiederum zeigte das einzellagige Schneiden mit Laserstrahl einen positiven Effekt. Auch alternative Fügetechniken wie das Ultraschallschweißen lohnen sich den Forschern zufolge, weiterentwickelt zu werden.
Alternative Fasermaterialien
Zudem beschäftigten sich dieTextileMission-Partner mit dem Potenzial, das alternative, biologisch abbaubare Fasermaterialien zur Reduktion von textilem Mikroplastik bieten. Am Beispiel von Viskose zeigte sich bei entsprechenden Versuchen an der TU Dresden, dass Farbstoffe die Abbaubarkeit anfallender Faserfragmente kaum, antimikrobielle Zusätze hingegen deutlich negativ beeinflussen. Caroline Kraas vom Projektpartner WWF Deutschland wies an dieser Stelle darauf hin, dass bei der Nutzung alternativer Materialien weitere ökologische und soziale Nachhaltigkeitsfaktoren wie Vermeidung von Monokulturen, Wasserverbrauch, Chemikalieneinsatz und Arbeitsbedingungen zu beachten seien.
Einig waren sich alle Projektpartner dass die ökologische Herausforderung durch textiles Mikroplastik nur durch einen multiplen Lösungsmix gelöst bzw. deutlich reduziert werden, der
a) unterschiedliche Stufen der Produktionskette und des Lebenszyklus von Textilien in den Blick nimmt,
b) Industrie- und Forschungsdisziplinen-übergreifend arbeitet,
c) eine Vielzahl an Stakeholdern in die Pflicht nimmt und
d) eine kurzsichtige Verlagerung ökologischer Folgen vermeidet.
Das Vortragsprogramm beinhaltete folgende Vorträge (inkl. Präsentation zum Download):
- "Der Forschungspolitische Rahmen: Plastik in der Umwelt",
Dr. Saskia Ziemann, Projektträger Karlsruhe (PTKA) - "Textiles Mikroplastik in der Umwelt – Umfang einer weltweiten Herausforderung und Anforderungen an nachhaltige Lösungsansätze",
Caroline Kraas, WWF Deutschland - "Waschverhalten von Sportlern – Ergebnisse einer Befragung im Rahmen des Projektes",
Taher Alrajoula, BSI e.V. - "Textiltechnische Perspektive: Mikroplastikverlust bei Textilien",
Dr. Jens Meyer, Hochschule Niederrhein - "Erkenntnisse aus der Wasserchemie: Rückhalt in Kläranlagen und biologische Abbaubarkeit von Faserfragmenten",
Prof. Dr. Stefan Stolte, TU Dresden - "Ansätze bei der Entwicklung emissionsärmerer Textilien - Nachhaltigkeitsaspekt alternativer Fasern",
Caroline Kraas, WWF Deutschland - "Ansätze bei der Entwicklung emissionsärmerer Textilien - Flächenkonstruktion und Ausrüstung",
Prof. Dipl.-Des. Ellen Bendt, Hochschule Niederrhein - "Erkenntnisse und nächste Schritte aus Sicht eines Herstellers von Sporttextilien",
Robert Klauer, VAUDE Sport GmbH & Co.KG - "Lessons Learned und Impulse der Assoziierten Partner: adidas",
Philipp Meister, Adidas AG. - "Lessons Learned und Impulse der Assoziierten Partner: Henkel",
Christina Röleke, Henkel AG & Co. KG aA
Abschlusspublikation zum Download
Die Projektpartner fassen die präsentierten Inhalte und weitere Ergebnisse aktuell in einer Abschlusspublikation zusammen. Diese wird Ende April 2021 erscheinen und auf dieser Webseite zum Download zur Verfügung gestellt.